Krawalter Blanc de Noir 2021 Prestige – pur, präzise, kompromisslos

Sektflasche Krawalter und GlassManchmal braucht es keine Revolution, um etwas Neues zu beginnen – nur den Mut, Dinge anders zu machen.
 Felix Walter hat mit Krawalter im elterlichen Weingut Josef Walter in Bürgstadt eine eigene Handschrift entwickelt: Weine, die Struktur und Charakter zeigen, nicht Lautstärke. Spontan vergoren, ungeschönt, kompromisslos handwerklich – Ausdruck einer klaren Idee von Herkunft und Präzision.

Geprägt von Stationen bei Huber in Malterdingen, im Burgund und in Neuseeland, arbeitet Walter heute mit minimalem Eingriff und maximaler Aufmerksamkeit fürs Detail. Die Trauben stammen aus biologisch bewirtschafteten Parzellen in Ersten Lagen rund um Bürgstadt, deren karger Buntsandstein Struktur und Spannung verleiht – egal ob still oder prickelnd.

Der Schritt zum Sekt war keine Spielerei, sondern eine logische Konsequenz. Der Blanc de Noir Brut Nature Prestige 2021, auf der historischen Korbkelter gepresst und über 34 Monate auf der Hefe gereift, bringt Walters Philosophie auf den Punkt: pur, präzise und ohne kosmetische Dosage – Wein, der nicht gefallen will, sondern überzeugen kann.

Interview mit Felix Walter – Krawalter

Felix Walter im Weinberg1. Was unterscheidet die Weine von Krawalter von denen des Weinguts Josef Walter – und was verbindet sie? Und wie unterscheiden sich die Herangehensweisen bei der Sektproduktion?


Die Weine verbindet die penible Weinbergsarbeit. Es werden nur Trauben aus den eigenen Weinbergen verarbeitet, welche nach biologischen Richtlinien bewirtschaftet werden. Geringe Erträge, viel Handarbeit, eigene Kompostbereitung – um nur einige wichtige Punkte zu nennen. Die Trauben für die Krawalter-Linie stammen alle aus Ersten Lagen, während die des Weinguts auch aus den Großen Lagen Centgrafenberg und Hundsrück stammen. In Zukunft überlege ich, ob ich die alten Gewannnamen wie „Im Stübchen“ oder „Hohenlinde“ wieder nutzen werde.

Nach der Handlese in kleinen Kisten unterscheidet sich die Verarbeitung im Weingut für beide Linien deutlich. Für die Sekte heißt das Ganztraubenpressung – der „normale“ mit der pneumatischen Presse, der Prestige mit der historischen Korbkelter –, keine Zusätze für elf Monate (bis zur Tiragefüllung). Der Saft wird trüb ins gebrauchte Holzfass gefüllt, wo er die Spontangärung sowie den spontanen biologischen Säureabbau durchläuft. Die Fässer werden wöchentlich beigefüllt. Kurz vor der neuen Ernte wird der vorherige Jahrgang mit Hefe und Zucker auf die Flasche gefüllt. Degorgiert wurde der 2021er Prestige nach 34 Monaten Hefelager, ohne den Zusatz von Dosage oder Schwefel.

Bei den Rotweinen setze ich auf Ganztraubengärung, ohne Maischeschwefelung; im Weingut wird der Großteil entrappt und erhält eine leichte Schwefelgabe.
Bei den Weißweinen ist der größte Unterschied, dass meine Weine für zwölf Monate im gebrauchten Holzfass unterschiedlicher Größen spontan gären und den Säureabbau durchlaufen. Auf Zugabe von Schwefel sowie auf die Chaptalisierung wird generell verzichtet. Nach zwölf Monaten dürfen die Weine für weitere sechs bis acht Monate mit der kompletten Hefe im Edelstahl reifen.

2. Was macht das Terroir des Bürgstadter Centgrafenbergs so spannend für die Sektproduktion?

Der Bürgstadter Berg hat eine sehr lange Tradition für den Anbau von Spätburgunder. Immer noch ist jeder zweite Rebstock in Bürgstadt Spätburgunder, in unserem Betrieb sogar 70 %. Es hat mich gereizt herauszufinden, wie der karge Bürgstadter Buntsandstein in einem Schaumwein zur Geltung kommt. Ich finde in den Schaumweinen Parallelen zu unseren roten Burgundern. So entdecke ich im Abgang beispielsweise die typische Graphitnote, die eindeutig dem Buntsandstein zuzuordnen ist. Vom Buntsandstein kann man ganz eigenständige, hochqualitative Schaumweine keltern. Ich bin schon gespannt, wie sich meine kommenden Jahrgänge entwickeln werden.

3. Was war der Impuls, Krawalter ins Leben zu rufen – und wohin soll sich das Projekt entwickeln?

Die Idee war eigentlich nie, eine weitere Weinlinie in unserem Betrieb zu gründen. Ich wollte gemeinsam mit meinen Eltern an der Qualität unserer Weine weiterarbeiten und das Weingut in die deutsche Spitzenliga führen. Ich begann mit ganz kleinen Mengen für die Sektproduktion während meiner Lehrzeit beim Weingut Huber in Malterdingen. Was ich dort zu probieren bekam, hat mich umgehauen: Selosse, Moussé, Prévost, Laval – richtig gute Champagner eben.

Parallel dazu verfolgte ich die Entwicklungen der Sekthäuser Griesel, Burkhard Schür, Krack – die heute zu meinen Freunden gehören. Es war eine Dynamik spürbar, die ich auch wollte. In meiner weiteren Laufbahn zog es mich ins Burgund zur Domaine Chantereves. Ein halbes Jahr war ich dort, und was ich dort gelernt und probieren durfte, hat mich einfach umgehauen: so pur, karg, straff – solche Chardonnays wollte ich auch machen.

Es passte mir ganz gut, dass wir im Weingut 2018 Chardonnay im Gewann Im Stübchen gepflanzt hatten und dieser langsam in den Ertrag kam. Mein Vater hat mir bei der Vinifizierung dieser Rebsorte direkt freie Hand gelassen, und so ging es mit dem Jahrgang 2022 gleich richtig los. Eineinhalb Jahre später, bei der Abfüllung (da war 2023 logischerweise auch schon im Fass), stellte ich fest, dass der Wein mich geschmacklich total abholte – unsere Privatkunden aber im ersten Moment vermutlich etwas überraschen würde. Also war klar: Ich setze mit Krawalter meine ersten eigenen Akzente. Ähnlich war es mit dem ganztraubenvergorenen Spätburgunder. Und mit den Sekten, von denen ich damals auch noch nicht wusste, wie ich sie vermarkten könnte.

Der Spitzname Krawalter entstand übrigens auf der Technikerschule, wo ich zum einen durch meinen „schrägen“ Weingeschmack, zum anderen durch viele Diskussionen mit den Lehrern – besonders zu Bio und Rotweinbereitung – auffiel. Während einer Diskussion sagte dann einer meiner Schulkollegen: „Krawalter, sei ruhig!“ Ab da war ich der Krawalter, und mir war klar: Es könnte keinen Namen geben, der meine Weine besser beschreibt.

Wohin sich das Projekt entwickelt, ist noch nicht klar. Was ich sagen kann, ist, dass die Produktion in Zukunft leicht zunimmt – und mit dem Sylvaner wird das Portfolio ab dem Jahrgang 2024 ergänzt.

4. Worauf legen Sie bei der Herstellung Ihrer Weine besonderen Wert?


Mir ist bei der Herstellung all meiner Weine wichtig, so wenig wie möglich einzugreifen – immer mit dem Ziel, die Herkunft so pur wie möglich ins Glas zu bringen.

Meine Verkostungsnotiz: Krawalter Blanc de Noir Brut Nature Prestige 2021

Verkostet wurde aus dem Lehmann Glass GD Champagne (Handmade) bei rund 10 °C, frisch geöffnet.

Schon beim Einschenken des goldgelben Sekts steigen intensive Aromen von roten und gelben Äpfeln auf – noch bevor man das Glas an die Nase führt. Ein großartiger Auftakt, denn die Aromaintensität ist hoch. Beim Riechen kommen Quitte, Himbeeren, rote Kirsche, nasser Stein, Brioche, Käserinde, Karamell und eine feine Rauchigkeit hinzu.

Am Gaumen zeigt sich der Sekt überraschend fruchtreduziert, mit klarem Fokus auf seiner stringenten, aber perfekt eingebundenen Säure und einer tiefen, salzigen Mineralität. Frucht findet sich hier nur angedeutet – Quitte und Zitrone blitzen dezent durch. Dazu kommen die typischen Aromen der langen Hefereifung: Brioche, Biskuit, nussige Noten. Das Spiel zwischen Frische und leichter Oxidation ist hervorragend gelungen.

Die Perlage ist fein und elegant, verleiht dem Sekt Leichtigkeit, ohne ihm an Substanz zu nehmen. Das Mundgefühl bleibt intensiv und spannungsgeladen, der Körper mittel, aber präsent. Der Abgang ist lang, komplex und von eleganter Präzision getragen.

Der Trinkfluss ist enorm – die Qualität herausragend. Die Flasche war schlicht zu klein, oder der Durst zu groß. 


Die Produktion liegt bei gerade einmal 300 Flaschen, der Preis bei 44 Euro (Stand: Oktober 2024, erhältlich bei Vinisüd).

Mein herzlicher Dank gilt Felix Walter für die Beantwortung der Fragen. Das letzte Foto wurde mir von Felix Walter zur Verfügung gestellt und mit seiner freundlichen Genehmigung hier veröffentlicht.

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