Gewurztraminer von 1989: Ein gereiftes Meisterwerk

Weinflasche Hengst Gewurztraminer 1989Da ich schon lange einen gereiften Gewurztraminer probieren wollte, war ich überglücklich, als ich bei einem Weinhändler für gereifte Weine eine Flasche Zind-Humbrecht Gewurztraminer Hengst Grand Cru 1989 Vendange Tardive (in Frankreich ohne „ü“ geschrieben) entdeckte – ein wahres Juwel in perfektem Zustand, und das für nur 29 Euro.

Der Hengst Grand Cru liegt südlich der Gemeinde Wintzenheim im Elsass auf einer Höhe von 270 bis 360 Metern an einem durchgehend steilen Hang. Dieser nach Südosten ausgerichtete Weinberg profitiert vom trockenen und warmen Mikroklima von Colmar mit einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge von etwa 600 mm pro Jahr. Die geringe Niederschlagsmenge ist auf die geschützte Lage im Regenschatten der Vogesen zurückzuführen.

Hengst ist ein bedeutender Grand Cru-Weinberg mit einer Gesamtfläche von 53,02 Hektar. Der Weinberg in Hanglage besteht aus einer Mischung von Kalkstein und Kalkmergel über einem dicken Sedimentgestein aus der Jurazeit. Diese Böden führen zu kraftvollen und reichhaltigen Weinen, die im Laufe der Jahre für ihr herausragendes Alterungspotential gelobt wurden. Der Name „Hengst“ soll die Wildheit der Weine in ihrer Jugend widerspiegeln, was ein interessanter Hinweis auf die Geschichte des Namens sein könnte.

Abgeschnittene Kapsel, Flaschenhals mit KorkenZind-Humbrecht baut im Hengst Grand Cru ausschließlich Gewurztraminer an, da die Lage sich perfekt für diese Rebsorte eignet. Die warme Lage mit Südost-Ausrichtung verstärkt die Sonneneinstrahlung, sodass die Trauben schon früh am Morgen den ersten Sonnenstrahlen ausgesetzt sind. Der Hengst leidet nie unter Trockenheit, da die Wasserreserven in den Mergel- und Kalkböden ausreichend sind. Dies führt jedoch auch dazu, dass sich die Botrytis, falls überhaupt, erst spät entwickelt.

Der Gewurztraminer Hengst Grand Cru 1989 Vendange Tardive wurde am 26. Oktober 1989 geerntet (die Ernte des Jahrgangs 1989 bei Zind-Humbrecht begann am 27. September). Der Wein stammt von alten Reben, die in den 1920er Jahren und 1953 gepflanzt wurden. 1989 war ein Jahr, in dem sich die Edelfäule (Botrytis cinerea) im Hengst Grand Cru erst spät entwickelte, was zu einer hohen Konzentration von Zucker, Säure und Aromen in den betroffenen Beeren führte. Die Trauben wurden mit hohen 126° Oechsle gelesen, ein Wert, der nicht weit von einer SGN (Sélection de Grains Nobles) entfernt ist. Der fertige Wein hat 11,5 % Alkohol und 100 g/l Restzucker.

Doch was sagen diese Zahlen über den Geschmack aus? Tatsächlich wenig! Wie also schmeckt ein 35 Jahre alter Gewurztraminer? Um es vorwegzunehmen: großartig!

The Durand mit altem KorkenDie Farbe ist ein tiefes Goldgelb, und das überbordende Bouquet verführt mit einer Aromenvielfalt von Rosen, Rosenwasser, türkischem Honig, tropischen Früchten und Gewürzen wie Safran, was es bei einer Blindverkostung sehr einfach machen würde, diesen Wein richtig zuzuordnen. Am Gaumen zeigt sich die gleiche Aromenexplosion, begleitet von einem wunderbaren Gleichgewicht zwischen Süße und Säure, mit einem Hauch phenolischer Bitterkeit, die dem Wein Frische verleiht. Die würzige Komplexität der Aromen hat sich mit der Reife perfekt entwickelt. Der Hengst macht seinem Namen alle Ehre – er ist ein kraftvoller, ausdrucksstarker Wein mit langem, intensivem Abgang. Er passt hervorragend zu indischem Curryhuhn und hat das Potenzial, noch einige Jahre würdevoll zu reifen. Ein grandioser Gewurztraminer aus einem exzellenten Jahrgang, den ich jedem empfehle, der erleben möchte, wie beeindruckend ein gereifter Wein aus dieser Rebsorte schmecken kann!

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